16. Januar 2015, Stuttgarter Nachrichten

Zum Kirchentag wird aus der Brenzkirche in Stuttgart-Nord ein Atelier. Die ausgestellte Kunst soll kein Lockmittel sein, sondern Begegnungen und den Raum für Gespräche und Diskussionen schaffen.

S-Nord – Ateliers sind Orte der Verwandlung, der schöpferischen Prozesse“, sagt die Pfarrerin Petra Dais. „Kirchenräume ebenfalls, im Gottesdienst, in der Auseinandersetzung mit biblischen Traditionen: Man geht verwandelt hinaus. Dieser Zusammenhang interessiert uns.“

Und so wird die Brenzkirche im Frühjahr zur Atelierkirche. Im Rahmen des regionalen Kulturprogramms zum 35. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der im Juni in Stuttgart stattfindet, lässt sich der Künstler Thomas Putze in der Brenzkirche nieder. „Schon bei der Entwicklung war mir wichtig, mit der Gemeinde zusammenzuarbeiten“, betont Putze.

Bei der Entstehung darf jeder dabei sein und auch helfen

Zwei Wochen lang wird Putze fast täglich in der Brenzkirche sein. „Wir wollen die Kirche offen haben“, sagt Dais. Putze wird in der Kirche arbeiten. „Jeder, der möchte, kann mich dabei besuchen, ein bisschen zusehen, Fragen stellen und auch selbst mitmachen“, erklärt er. Sein Atelier an den Wagenhallen funktioniere genauso: „Da kommen auch Leute vorbei, auf einen Schwatz, zum Nachfragen.“ Der Fotograf Josh von Staudach wird außerdem den Entstehungsprozess der Installation dokumentieren. „Wir möchten nicht nur das Endprojekt in der Kirche zeigen, uns interessiert der Prozess“, so Dais.

Auch Materialspenden der Gemeindemitglieder sind willkommen: Für die Installation sucht Thomas Putze noch weiße Tücher, also Leintücher oder Tischdecken, außerdem Baumschnitt, also Äste mit einem Durchmesser zwischen drei und zehn Zentimetern. „Aus den Gärten und Häusern der Gemeinde kommt Material in die Kirche – die Symbolik ist uns sehr wichtig“, meint Petra Dais.

Auch für Studenten ein Ort künstlerischer Arbeit

Petra Dais erklärt, warum dieses Projekt in der Brenzkirche umgesetzt wird. Ausschlaggebend seien die Erfahrung der Gemeinde mit Kunstausstellungen – während der Umbauzeit des Hospitalhofs wurden die dort geplanten Kunstausstellungen in die Brenzkirche verlagert – sowie die Nachbarschaft zur Kunstakademie gewesen. So werden sich im Mai und Juni Studenten des Fachs Intermediales Gestalten mit dem Ort der Brenzkirche künstlerisch auseinandersetzen, sie werden dort arbeiten, diskutieren und lesen. „Maria, Maria, I like it loud“ ist das Projekt betitelt. Zusätzlich dazu sind theologische Werkstattgespräche geplant, ein Workshop mit der Künstlerin Weiny Fitui und eine besondere Playing-Arts-Werkstatt zu Pfingsten. Auch während des Kirchentages selbst sind Programmpunkte vorgesehen.

Dabei läuft der normale Gemeindebetrieb weiter. „Es ist kein Ausnahmezustand“, betont Karl-Eugen Fischer, der Pfarrer der Brenzkirche. „Die Gottesdienste und unsere anderen Veranstaltungen finden statt, aber eben auch mit Blick darauf, welche Impulse dabei ausgelöst werden.“ Das ganze Haus wird bespielt, nicht nur der Kirchenraum, ergänzt er: „Die Kunst dient nicht dazu, Leute in die Kirche zu locken, sondern Begegnung und Auseinandersetzung zu ermöglichen, Hemmschwellen abzubauen.“ Der Künstler Putze freut sich auf das Projekt: „Es adelt die Kunst, dass man ihr zutraut, etwas zu bewirken.“ Sonst würden Räume oft künstlerisch erst dann bespielt, wenn die vorherige Nutzung beendet sei, wenn der Raum sowieso schon leer sei, so Putze. „Aber diese Variante hier ist viel spannender.“

An zwei Terminen wird vorgestellt, was geplant ist, einmal am Dienstag, 27. Januar, im Gesprächskreis ab 15 Uhr im Dora-Veit-Saal im Gemeindehaus Brenzkirche, und am Sonntag, 8. Februar,ab 11 Uhr im Familiengottesdienst zur „Kleinen Kirche“. Weitere Informationen und die Möglichkeit, mitzudiskutieren, gibt es auf dem Blog: www.atelierkirche.de