Der AKKU Projektraum des Künstlerbundes Baden-Württemberg in Stuttgart nimmt seinen Ausstellungsbetrieb wieder auf. Vom 16. Mai bis 19. Juni 2020 zeigen Lilith Becker und Anna Gohmert unter dem Titel „Tatsächlich“ neue Arbeiten. Die beiden Künstlerinnen befassen sich dabei mit der Verschiebbarkeit von Wirklichkeiten, nicht um sie zu relativieren, sondern um zu untersuchen, was überhaupt verhandelt wird.
„Tatsächlich“ lautet der Titel der Ausstellung, die Arbeiten von Lilith Becker und Anna Gohmert zeigen.
Tatsächlich steht schon seit Juli 2019 fest, dass die Beiden ab Samstag, dem 16. Mai 2020, im Akku gemeinsam ausstellen werden. Tatsächlich stand zu diesem Zeitpunkt schon das thematische Konzept für die Ausstellung fest. Tatsächlich haben die Künstlerinnen sich dazu entschieden, trotz der jetzigen Situation die Ausstellung durchzuführen. Tatsächlich beeinflusste Corona die Wahl und die Präsentation der Werke. Tatsächlich werden die Künstlerinnen am Samstag, den 16. Mai 2020, ab 18.00 Uhr vor Ort sein. Die Ausstellung ist sowohl im Raum als auch von aussen durch die Schaufenster sinnlich erfassbar. (Es gelten die üblichen Abstands- und Hygienebestimmungen der aktuellen Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg.)
Anna Gohmert zeigt in der Ausstellung ihre „Kartenhäuserkonstruktionen“ (Version Slime, Kapaplatten, Beamerprojektion, Mai 2020).
„Kartenhäuser werden aus Zeitvertreib oder zur Übung der Konzentration gebaut. (…) Wenn das Kartenhaus nicht schon bei der Errichtung in sich zusammenfällt, kann man noch abwechselnd versuchen, Karten aus dem Kartenhaus zu entfernen. Beispielsweise beim kleinen Kartenhaus kann man eine der beiden unteren Karten in der Mitte wahrscheinlich entfernen, ohne dass es zusammenfällt.“ (Quelle: Wikipedia, abgerufen am Freitag, den 8. Mai 2020) – „Und wenn es zusammenfällt, dann fang ich einfach nochmal von vorne an.“ (Lebenseinstellung: Anna Gohmert, gedacht am 8. Mai 2020)
Lilith Becker präsentiert in der Ausstellung eine Schall-Installation und Schieferarbeiten. (Der erste Blick auf die Rückseite 1959, 2020, Posidonienschiefer, Vitrexpulverätzung; Wahrnehmungsrauschen, 2020, Posidonienschiefer, Vitrexpulverätzung, Aquarell; Urrille, 2020, Katzenschädel, Schallplattenspieler, Körperschalllautsprecher).Eine Raketenstufe schlägt in den Mond ein und löst ein dreistündiges Mondbeben aus, das aufgrund der fehlenden Atmosphäre ohne Geräusch verläuft. Das stumme Beben einer Kugel mit einem Durchmesser von 3.476 Kilometern bringt den Verstand allerdings ins Straucheln, der dann auch unverzüglich und empört ein monströses Grollen produziert. Über das Geräusch, das man einem allzu stillen Bild stibitzen könnte, phantasiert bereits Rainer Maria Rilke in einem Essay, indem er die Kronennaht eines menschlichen Schädels als (Ur-)Tonrille vorschlägt. Zwischen Wahrnehmung, Vorstellung und den technischen Wiedergabemöglichkeiten der physikalischen Wirklichkeit öffnen sich mitunter eigenwillige Übertragungsräume, die in der Durchmischung der Sinnesmodalitäten eine bizarre Blähung erfahren.
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